Unzählige Theorien sind bisher entwickelt worden, wovon die Autoren der meisten natürlich behaupten, genau und allgemeingültig zu sein. In der Praxis hat sich oft das Gegenteil erwiesen, sodaß man generell davon ausgehen muß, daß eine Vorhersage mit einer Unsicherheit von behaftet ist. Dies ist ziemlich viel, wenn man bedenkt, daß in die Verteilungsfunktion, die Transmissionswahrscheinlichkeit über Heterobarrieren und verwandte Eigenschaften exponentiell eingeht. In diesem Sinn sind bis dato die wenigsten Ansätze als prädiktiv im Sinne einer quantitativen Vorhersage der Banddiskontinuitäten zweier beliebiger HL zu bezeichnen, wenn auch die historische Entwicklung erfreulicherweise immer exaktere Werte im Vergleich zum Experiment liefert.
Darüberhinaus schlägt sich auch im relativ großen Variationsbereich der experimentellen Daten die große Vielfalt der beeinflussenden Faktoren nieder, was das Verständnis der fundamentalen Zusammenhänge extrem erschwert. So ist bis heute keiner Theorie eindeutig der Vorzug zu geben; so vielfältig die verschiedenen Ansätze im Prinzip auch sind, so ähnlich gute quantitative Aussagen erlauben sie, zumindest in gitterangepaßten Strukturen. Erfreulicherweise gehören Grenzflächen zwischen III-V HL zu den am meisten untersuchten, wohl aufgrund der Einführung des Heterostrukturkonzepts in Bauelementen auf GaAs Substrat und der technologischen Reife und industriellen Relevanz dieser Schaltungen.
In diesem Abschnitt werden zunächst verschiedene Modelle für die Banddiskontinuitäten kurz erläutert und vor allem die Berücksichtigung von Verspannungseffekten diskutiert. Im speziellen werden AlGaAs/GaAs und GaInAs/GaAs, die prototypischen Systeme für Gitteranpassung und Verspannung, verglichen. Schlußendlich wird versucht, daraus eine Wertung hinsichtlich des am besten für die Bauelementsimulation geeigneten Ansatzes abzuleiten. Prinzipiell sind drei Fälle der Anordnung des LB und VB an HL Grenzflächen möglich, die in Abbildung 6.36 schematisch dargestellt sind:
Bei der Klassifikation der Modelle kann man global zwei Ansätze verfolgen, nämlich allgemeine Theorien und selbstkonsistente Rechnungen, die für genau eine Struktur gelten.