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6.2 Banddiskontinuitäten an Heterogrenzschichten

 Die Werte der Diskontinuitäten des LB und VB  an Heterogrenzschichten (``band offset''), $\Delta E_{\mathrm{c}}$ und $\Delta E_{\mathrm{v}}$, sind entscheidende Parameter für das Verhalten von Heterostrukturbauelementen, denn von ihnen hängt wesentlich ab, in welchen Regionen die Ladungsträger konzentriert werden und der Stromtransport tatsächlich stattfindet. Unglücklicherweise sind jedoch gerade Grenzflächeneigenschaften, wie sie $\Delta E_{\mathrm{c}}$ und $\Delta E_{\mathrm{v}}$ darstellen, relativ schwierig allgemein bestimmbar, da viele mikroskopische Effekte die Werte stark beeinflussen (Orientierung und topologische Struktur der Oberfläche, Wachstumsbedingungen etc.). Wie in der Folge erläutert, hat auch mechanische Verspannung großen Einfluß.

Unzählige Theorien sind bisher entwickelt worden, wovon die Autoren der meisten natürlich behaupten, genau und allgemeingültig zu sein. In der Praxis hat sich oft das Gegenteil erwiesen, sodaß man generell davon ausgehen muß, daß eine Vorhersage mit einer Unsicherheit von $\sim 0.1\mathrm{eV}$ behaftet ist. Dies ist ziemlich viel, wenn man bedenkt, daß $\Delta E_{\mathrm{}}^{}$ in die Verteilungsfunktion, die Transmissionswahrscheinlichkeit über Heterobarrieren und verwandte Eigenschaften exponentiell eingeht. In diesem Sinn sind bis dato die wenigsten Ansätze als prädiktiv im Sinne einer quantitativen Vorhersage der Banddiskontinuitäten zweier beliebiger HL zu bezeichnen, wenn auch die historische Entwicklung erfreulicherweise immer exaktere Werte im Vergleich zum Experiment liefert.

Darüberhinaus schlägt sich auch im relativ großen Variationsbereich der experimentellen Daten die große Vielfalt der beeinflussenden Faktoren nieder, was das Verständnis der fundamentalen Zusammenhänge extrem erschwert. So ist bis heute keiner Theorie eindeutig der Vorzug zu geben; so vielfältig die verschiedenen Ansätze im Prinzip auch sind, so ähnlich gute quantitative Aussagen erlauben sie, zumindest in gitterangepaßten Strukturen. Erfreulicherweise gehören Grenzflächen zwischen III-V HL zu den am meisten untersuchten, wohl aufgrund der Einführung des Heterostrukturkonzepts in Bauelementen auf GaAs Substrat und der technologischen Reife und industriellen Relevanz dieser Schaltungen.

In diesem Abschnitt werden zunächst verschiedene Modelle für die Banddiskontinuitäten kurz erläutert und vor allem die Berücksichtigung von Verspannungseffekten diskutiert. Im speziellen werden AlGaAs/GaAs und GaInAs/GaAs, die prototypischen Systeme für Gitteranpassung und Verspannung, verglichen. Schlußendlich wird versucht, daraus eine Wertung hinsichtlich des am besten für die Bauelementsimulation geeigneten Ansatzes abzuleiten. Prinzipiell sind drei Fälle der Anordnung des LB und VB an HL Grenzflächen möglich, die in Abbildung 6.36 schematisch dargestellt sind: 

Typ I:
die Bandlücke eines HL fällt vollständig in die Bandlücke des zweiten (``struggling gap'');
Typ II:
die Bandlücken überlappen teilweise (``staggered gap'');
Typ III:
die Bandlücken überlappen überhaupt nicht (``broken gap'').
Der erste Fall ist für optische Bauelemente ideal, die darauf beruhen, daß sowohl Elektronen als auch Löcher räumlich konzentriert werden. Für unipolare Bauelemente sind prinzipiell alle drei Fälle denkbar, jedoch nimmt in den beiden letzteren mit abnehmender Überlappung die Generation/Rekombination über die Heterogrenze hinweg zu, sodaß man üblicherweise auch hier Typ I bevorzugt. Für n-Kanal HEMT ist natürlich die LB Diskontinuität die bestimmende Größe.


  
Abbildung 6.36: Typen von Banddiskontinuitäten an HL Grenzflächen
\begin{figure}
 \epsfxsize0.90\textwidth
 \centerline{\epsfbox{ps/discont.eps}}
...
 ...n{center}\begin{minipage}{0.8\textwidth}{}\end{minipage}\end{center}\end{figure}

Bei der Klassifikation der Modelle kann man global zwei Ansätze verfolgen, nämlich allgemeine Theorien und selbstkonsistente Rechnungen, die für genau eine Struktur gelten.



 
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Christian Koepf
1997-11-11