Die Quantenmechanik liefert die Grundlagen für die Zustandsbeschreibung des Elektronensystems in einem Festkörper. Den Ausgangspunkt bildet die Gesamtenergie des Festkörpers. Betrachtet man als unabhängige Bestandteile die Gitterionen und die Valenzelektronen, so lassen sich für die Gesamtenergie die fünf führenden Beiträge angeben: kinetische Energie der Gitterionen, kinetische Energie der Elektronen, Wechselwirkungsenergie zwischen den Ionen, Wechselwirkungsenergie zwischen den Elektronen und Wechselwirkungsenergie zwischen den Elektronen und Gitterionen [65]. Bildet man mit diesen Energiebeiträgen den Hamiltonoperator und schreibt die Schrödingergleichung an, so erhält man die quantenmechanische Beschreibung der Zustände eines Vielteilchensystems. Wenn man bedenkt, daß in der Ortsdarstellung die Wellenfunktion des Gesamtsystems von den Ortskoordinaten sowohl aller Elektronen als auch aller Ionen abhängt, so wird erkennbar, daß dieses Vielteilchenproblem einer direkten Lösung nicht zugänglich ist.
Wegen der stark unterschiedlichen Massen von Elektronen und Ionen läßt sich das Gesamtsystem in guter Näherung in ein Elektronensystem und ein Ionensystem separieren (adiabatische Näherung). Weiters läßt sich das Vielelektronenproblem durch die Hartree-Fock-Näherung auf ein Einelektronenproblem zurückführen, wobei die Wechselwirkung der Elektronenen untereinander als eine Wechselwirkung eines Elektrons mit dem Potential einer gemittelten Austausch-Ladungsdichte dargestellt wird.
In dieser Näherung wird die Bewegung eines Elektrons im Gerüst des positiv geladenen Ionengitters und unter der Wechselwirkung mit dem ihm umgebenden Elektronengas betrachtet. Daher werden wir in der Folge Einteilchen-Wellenfunktionen und Einteilchen-Verteilungsfunktionen behandeln.
Ein Elektronenzustand im Halbleiter kann durch die zeitabhängige Schrödingergleichung beschrieben werden,
wobei die Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons angibt.
Die potentielle Energie in dieser Wellengleichung besteht aus drei
Komponenten.
rührt von einer angelegten Spannung am Halbleiter und von einem
sogenannten ,,built in``-Potential her. ,,Built in``-Potentiale werden
durch die Verteilung ionisierter Dopanden im Halbleiter verursacht.
Das zweite Potential ist das gitterperiodische elektrostatische
Kristallpotential
, das sich als Folge des
eletrisch geladenen Ionengitters ergibt.
Da der Halbleiter eine endliche Temperatur hat, führen die Gitterionen
Schwingungen um ihre Gleichgewichtslagen aus. Das Kristallpotential
wird aus den streng periodischen Gleichgewichtslagen bestimmt. Die
zeitabhängigen Abweichungen verursachen Störpotentiale, die dem
Streupotential
hinzugerechnet werden. Eine weitere Störung des
idealen Kristalls bilden die ionisierten Störstellen, deren Potential ebenfalls
zu
gerechnet wird. Das Streupotential
ist klein
im Vergleich zum Kristallpotential. Deshalb kann sein Einfluß mit Hilfe der
quantenmechanischen Störungstheorie behandelt werden.
Setzen wir das externe Potential und das Streupotential null, so ist die zeitunabhängige Schrödingergleichung für ein Elektron unter dem alleinigen Einfluß des Kristallpotentials gegeben durch
Die Lösungen dieser Gleichung bilden die Blochfunktionen in der Form
wobei sich die Normierung auf das Kristallvolumen bezieht.
Der Blochfaktor
ist gitterperiodisch
worin ein Gittervektor ist.
Der hier auftretende Parameter
wird als normierter Kristallimpuls
interpretiert, da seine zeitliche Entwicklung
dem Newtonschen Gesetz
gehorcht. Da die Schrödingergleichung 2.2 zusammen mit Randbedingungen gelöst werden
muß, ergibt sich für jedes
ein diskretes Spektrum an
Energieeigenwerten
Der Eigenwert entspricht dem n-ten Leitungsband des Halbleiters.
Bildet man formal den Operator , so läßt sich
zeigen, daß
gilt.
Die Blochfunktionen sind also Eigenfunktionen zum Operator
mit dem Eigenwert
[65].
Mit dieser Beziehung kann nun die Schrödingergleichung 2.1 umgeformt werden in
Der wesentliche Unterschied zu Gleichung 2.1 besteht darin, daß jetzt das
periodische Potential explizit nicht mehr auftritt. Dafür ist
für die kinetische Energie der neue Operator
an
die Stelle des Operators
getreten.
Dieser neue Operator gestattet es, die semiklassische Näherung einzuführen,
die im folgenden beschrieben werden soll.
Das Wellenpaket eines Elektrons wird als
Quasi-Teilchen betrachtet, das die Ladung besitzt und in einem
äußeren Potential
der Newtonschen Bewegungsgleichung
gehorcht.
Die kinetische Energie des Teilchens ist durch die Dispersionsrelation
gegeben, die sich jetzt allerdings von der des freien
Teilchens
unterscheidet. Der
Geschwindigkeit
des Quasi-Teilchens entspricht die Gruppengeschwindigkeit des Wellenpakets
Im Gegensatz zu dem äußeren Potential muß in der
semiklassischen Näherung das Streupotential
weiterhin
quantenmechanisch behandelt werden.