Wie in Abschnitt 5.1 hergeleitet, werden für jede
Feldgröße zwei Grenzflächenbedingungen benötigt. Je
nach Art der Randbedingung für ein bestimmtes Teilgebiet kann die
Normalkomponente des Feldes
oder die zugrundeliegende skalare
Größe u festgelegt werden.
Die häufigsten Grenzflächenbedingungen sind:
und als Randbedingung für das Teilgebiet 2 wird die Normalkomponente im Teilgebiet 2 gleich der Normalkomponente im Teilgebiet 1 gesetzt:
und die Randbedingung für Teilgebiet 2 ist
Abbildung 6.2: Teilung einer Box an einer Grenzfläche (Bild a) in zwei
Teilboxen (Bild b) deren Berandung mit der Grenzfläche konform ist.
Die Summe der Boxvolumina der Teilboxen ist gleich dem Volumen der
ursprünglichen Box. Statt eines Diskretisierungspunktes der Box
ergeben sich nach der Teilung zwei Diskretisierungspunkt für die
Teilboxen. Damit verdoppelt sich jedoch auch die Anzahl der Variablen
auf der Grenzfläche.
In der Finiten-Boxen-Methode ist die Summe der Flüsse über die
Boxflächen einem bestimmten Wert anzugleichen. Jeder Box ist eine
Kontrollfunktion zugeordnet. Wird eine Box, die auf
der Grenzfläche liegt, geteilt, so wird auch die Kontrollfunktion
,,aufgeteilt`` in die Funktion
, die der linken Teilbox
zugeordnet ist und in die Funktion
, die der rechten Teilbox
zugeordnet ist. Ist
folgt mit
jedoch
. Die Definition von
und
als
Kontrollfunktionen für die linke und rechte Teilbox würde
aber bedeuten, daß der Spezialfall
berechnet
wird, da der Simulator mit der Lösung des nichtlinearen
Gleichungsystems die Nullstellen der Kontrollfunktionen
berechnet. Nachdem
und
die
Flüssen über die Grenzfläche sind, bedeutet
die
Definition einer homogenen Neumannschen Grenzflächenbedingung
. Für Grenzflächenbedingungen, die Flüsse über
die Grenzfläche zulassen, müssen die Funktionen
und
durch die Kontrollfunktionen
und
ersetzt werden. Für den Fall
folgt,
daß
ist und als neue Kontrollfunktion
für die Teilbox im Teilgebiet 2 definiert werden kann. Die zweite
Grenzflächenbedingung dient zur Definition der
Kontrollfunktion für die Teilbox im Teilgebiet 1,
Es ist zu bemerken, daß die Zuordnung der beiden Funktionen zu den
Teilboxen willkürlich ist. Es ist ebenso möglich und
zu setzen. Wichtig ist, daß sowohl
für
als auch für
eine Kontrollfunktion
definiert ist.
Der beschriebene Vorgang kann nun in folgende Schritte gegliedert werden:
Zur Durchführung dieser Schritte sind die folgenden Funktionen vorgesehen:
mit dem Skalierungsfaktor a=1.0. Der Skalierungsfaktor ist zur
Abschwächung von Einträgen gedacht, welche die Kondition des
linearen Gleichungsystems verschlechtern [11]. Ist für die
Kontrollfunktion die entsprechende Transformaton
definiert, wird bei der Assemblierung der Systemmatrix jeder Eintrag
für
nicht an der ursprünglichen Stelle eingetragen, sondern
mit a skaliert zur Funktion
addiert.
Abbildung 6.3 zeigt in einem Progammabschnitt, wie eine
Transformation initialisiert und definiert wird.
Abbildung 6.3: Programmbeispiel für die Definition eines
Eintrags in die Transformationsmatrix .
Abbildung 6.4: Programmbeispiel für die Assemblierung der
Matrix .
Zu beachten ist, daß im Gegensatz zur normalen Eintragungsfunktion easAddMatrixEntry() die Funktion easAddMatrixLineEntry() verwendet wird.
Für die Aufteilung der Boxen an den Grenzflächen ist für MINIMOS-NT
keine spezielle Funktion notwendig. Durch die Gitterverwaltung, die
ein eigenes Gitter für jedes Segment vorsieht, sind die Teilboxen
bereits mit richtigen Volumina und Boxflächen definiert. Die
Teilfunktionen und
werden daher durch die
Kontrollfunktionen der Volumsmodelle definiert und mit
easAddMatrixEntryS() und easAddMatrixEntry() in
das lineare Gleichungsystem eingetragen.
In den Randbedingungen können auch Abhängigkeiten von
Normalkomponenten der Felder vorkommen. Ein Beispiel dafür ist die
Normalkomponente des elektrischen Feldes zur Berechnung der
Barrierenhöhenreduktion aufgrund des Tunneleffektes
(s. Abschnitt 5.2.3). Hier tritt die Normalkomponente als
Argument einer Exponentialfunktion auf. Eine Berechnung des Feldes
mittels Differenzenquotienten erweist sich durch den exponentiellen
Zusammenhang als numerisch ungünstig. Es gilt für das Feld
wobei das Potential an der Grenzfläche und
das Potential
an einem Punkt normal zur Grenzfläche innerhalb des Teilgebiets 2
ist. Man sieht, daß schon geringe Änderungen von
und
ausreichen, um große Schwankungen von
zu bewirken. Als
Lösung bietet sich die Möglichkeit, mittels Transformation die
Funktion
zu einer eigenen Variablen g für das Normalfeld
zu addieren und eine neue Kontrollfunktion
für g zu definieren:
Mit folgt dann
. Die Variable g kann nun für
das Normalfeld in der Exponentialfunktion verwendet werden. Nachdem
das Normalfeld nun Variable des nichtlinearen Gleichungssystems ist,
wird bei der Linearisierung die exponentielle Abhängigkeit
berücksichtigt. In vielen Fällen wird damit überhaupt erst eine
Lösung möglich, zumindest verbessert sich aber die Konvergenz des
Newton-Verfahrens. Abbildung 6.5 zeigt ein Programmbeispiel
für die entsprechende Definition der
Transformationen. Abbildung 6.6 zeigt die Assemblierung der
Kontrollfunktion
.
Abbildung 6.5: Programmbeispiel zur
Transformationsdefinition für die Berechnung der
Normalkomponente des Feldes an der Grenzfläche.
Abbildung 6.6: Assemblierung der Kontrollfunktion .