Ein interessanter Ansatz für die Topographiesimulation wurde von Fujinaga
et al. [Fuj90] vorgestellt. Die Bewegung der Oberfläche wird
durch Lösen einer Diffusionsgleichung beschrieben, wobei sich
die Geometrie am Ende eines Zeitschrittes als Konturlinie der Lösungsfunktion
darstellt. Abbildung 2.31 zeigt einen Schnitt durch das
Simulationsgebiet. stellt die Ätzmittelkonzentration und
die
Materialkonzentration dar. Das Simulationsgebiet wird in drei Bereiche
unterteilt. Im Bereich I dominiert die Diffusion des Ätzmittels, die
chemischen Reaktion des Ätzmittels mit dem zu ätzenden Material wird
vernachlässigt. Im Bereich II kommt es gleichzeitig zu Diffusion des
Ätzmittels und chemischer Reaktion mit dem zu ätzenden Material, im
Bereich III sind beide Effekte vernachlässigbar. Die folgenden Gleichungen
beschreiben dieses Verhalten:
Bereich I:
Abbildung 2.31: Material- und Ätzmittelkonzentration im Simulationsgebiet.
Bereich II:
Bereich III:
stellt den Diffussionsfluß des Ätzmittels und
den zugehörigen
Diffusionskoeffizient dar.
und
sind chemische Reaktionsraten,
und
beschreiben die Material- und Ätzmittelkonzentration
im chemischen Gleichgewicht.
Im Bereich II dominiert im allgemeinen die chemische Reaktion gegenüber der
Diffusionsreaktion, sodaß gezeigt werden kann, daß die geometrische
Ausdehnung dieses Bereiches hinreichend klein gegenüber den Abmessungen der
Geometrie wird [Fuj90]. Unter dieser Vorraussetzung ()
kann die Ätzfront nun durch den Ätzmittelkonzentrationswert an der Stelle
beschrieben werden. Der konstante Konzentrationswert
beginnt sich durch den Diffusionsprozeß weiter in das Material
hinein zu bewegen, es kommt damit zu einer Bewegung der Ätzfront.
Unter der Annahme, daß der Diffusionskoeffizient nicht von der Konzentration abhängt (lineares Diffusionsproblem), erhält man als Lösung der Diffusionsgleichung im Bereich I [Cra75]
Die Lösungsfunktion beschreibt die Ätzmittelkonzentration für
das eindimensionale Problem unter der Annahme konstanter
Oberflächenkonzentration . Der geometrische Ort
der
Ätzfront läßt sich damit als Funktion der Konzentration an der Stelle
beschreiben
Damit erhält man für die Geschwindigkeit der Ätzfront
Aus Gleichung 2.22 und Gleichung 2.23 erkennt man, daß
die Distanz, um die sich die Ätzfront bewegt, proportional zu ist, wobei die Geschwindigkeit der Bewegung proportional zu
erfolgt. Setzt man für die Wurzel des Diffusionskoeffizienten
so wird aus Gleichung 2.22
wobei die Ätzrate des Materials beschreibt,
ist die zugehörige
Ätzzeit,
und
sind Proportionalitätskonstanten ohne weitere
physikalische Interpretation. Mit Gleichung 2.24 wird die Ätzzeit
proportional zur Wurzel der Diffusionszeit
. Setzt man weiters
und
, so erhält man mit
für den
Konzentrationswert an der Stelle
:
Das Prinzip der Methode besteht nun darin, diesen Konzentrationswert
während des Diffusionsprozesses zu verfolgen. Wählt man entsprechend
Gleichung 2.25 quadratische Diffussionszeitschritte,
also z.B. ,
,
, so bewegt sich die Ätzfront
entsprechend der gewählten Ätzrate um lineare Wegstrecken. Die Ätzrate ist
dabei über Gleichung 2.24 mit dem Diffusionskoeffizienten
verknüpft.
Abbildung 2.32 zeigt die Lösung des eindimensionalen
Diffusionsproblems in Abhängigkeit der Diffusionszeit,
Abbildung 2.33 zeigt die entsprechende Konturline für den
Konzentrationswert . Die Ätzrate für dieses Beispiel
beträgt
, der zugehörige Zeitschritt wurde zu
gewählt. Damit ergibt sich pro Zeitschritt ein zurückgelegter Weg
von 0.316
, wobei zu beachten ist, daß diese Wegstrecke
proportional zur Wurzel der Diffusionszeit anwächst (a = b).
Die Bewegung der Ätzfront kann also durch die Lösung einer
Diffusionsgleichung beschrieben werden, wobei die Ätzrate und die Ätzzeit
über die Gleichung 2.24 und Gleichung 2.25 mit den
entsprechenden Größen des Diffusionsprozesses verknüpft sind. Für
die praktische Simulation wird die zwei- oder dreidimensionale Geometrie
durch quadratische oder würfelförmige Zellen beschrieben, wobei jeder
Zelle ein bestimmter Konzentrationswert zugeordnet wird.
Abbildung 2.34 zeigt das Prinzip des Algorithmus. Am Beginn
jedes Zeitschrittes besteht das Simulationsgebiet aus
Zellen, deren Konzentrationswert entweder oder
ist. Zellen mit
dem Konzentrationswert
kennzeichnen Vakuumzellen während Zellen mit dem
Konzentrationswert
Materialzellen darstellen. Nach dem Lösen der
Diffusionsgleichung werden die Konzentrationswerte der Zellen
entsprechend dem Konzentrationswert
aus
Gleichung 2.26 umgesetzt. Zellen, deren Konzentrationswerte
unter dem Schwellwert liegen, bleiben Materialzellen alle übrigen
Zellen werden zu Vakuumzellen. Durch das Umsetzten der Konzentrationswerte
kommt es zu einer Bewegung der Oberfläche, die durch Materialzellen,
deren Nachbarzellen Vakuumzellen sind, beschrieben wird.