3.10 Stationäre und nichtstationäre Emission



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3.10 Stationäre und nichtstationäre Emission

 

Wird die Gate-Spannung eines -Kanal-MOSFETs bei = rampenförmig verkleinert, so fließt bei einem symmetrischen Bauelement die negative Kanalladung zu gleichen Teilen in die hoch dotierten Source- und Drain-Gebiete ab. Mit der Verringerung des Quasi-Ferminiveaus im Kanal sinkt auch die Besetzungsgrenze der Grenzflächen-Störstellen. Um das Gleichgewicht aufrechtzuerhalten, werden die eingefangenen Elektronen emittiert. Die Emissionszeitkonstanten sind in der Nähe der Leitungsbandkante sehr klein, sodaß anfangs die Emission der Elektronen mit dem Passieren des Quasi-Ferminiveaus synchron verläuft. Man spricht von stationärer Emission. Wird jedoch der Punkt erreicht, an dem die Emissionszeitkonstante größer wird als die Änderungsrate des Quasi-Ferminiveaus an der Grenzfläche, kann das Gleichgewicht nicht mehr aufrechterhalten werden, und der nichtstationäre Emissionsmodus wird erreicht.
Mit recht guter Näherung ist der Übergangspunkt zwischen beiden Modi durch die Schwellspannung gegeben, da sich bei Erreichen jener das Grenzflächen-Potential rasch in Richtung Bandmitte bewegt. In ähnlicher Weise kann das Verhalten einer MOS-Grenzfläche in starker Akkumulation bei Vergrößerung der Gate-Spannung beschrieben werden. Die anfänglich stationäre Löcher-Emission geht beim Überschreiten der Flachbandspannung in den nichtstationären Bereich über.
Zur Analyse dieser Vorgänge wird der Kanalabbau eines MOSFETs simuliert. Die Flanke des Gate-Pulses hat eine Fallzeit von . Donator- und akzeptorartige Störstellen werden getrennt berechnet. Variable Dichten von , , und sind die Parameter der Simulation. Die entsprechenden Schwellspannungen sind ,, und für die akzeptorartigen Zustände, und ,, und für die donatorartigen. Man beachte die starke positive Verschiebung der Schwellspannung für die akzeptorartigen Zustände. Sie kommt durch die Anwesenheit der zusätzlichen eingefangenen negativen Ladungsträger zustande, da die meisten der vorhandenen Störstellen bei = mit Elektronen besetzt sind. Der umgekehrte Fall tritt bei donatorartigen Störstellen ein, die bei = nur die kleine positive Ladung der unbesetzten Störstellen tragen, welche eine kleine negative Schwellspannungsverschiebung bewirkt.

  
Abbildung: Elektronen-Emissionsströme für donator- (oberes Bild) und akzeptorartige (unteres Bild) Grenzflächen-Störstellen verschiedener Dichte. Erreicht die fallende Gate-Spannung die Schwellspannung , tritt nichtstationäre Emission ein, was durch Fallen der Kurven erkenntlich ist. Schwach negative Verschiebung von für die donatorartigen, positive Verschiebung für die akzeptorartigen Störstellen.

  
Abbildung: Kanal- und -Übergangskomponenten sowie Summe des Elektronen-Emissionsstromes für = für akzeptorartige Störstellen (oberes Bild). Zeitlicher Verlauf der Quasi-Ferminiveaus und der Besetzunggrenze der Störstellen in der Kanalmitte und am metallurgischen -Übergang am Drain (unteres Bild).


Abbildung 3.2 zeigt die Elektronen-Emissionsströme für donatorartige (oberes Bild) und akzeptorartige (unteres Bild) Störstellen. Die Maxima der Emissionskurven korrelieren sehr gut mit dem zeitlichen Passieren der Schwellspannung. Da die Schwellspannung des MOSFETs in Kanalrichtung variiert, ist der Übergangspunkt zwischen beiden Emissionsbereichen orts- und zeitabhängig. In den -Übergängen liegt die Schwellspannung tiefer als im Zentrum des Kanals, der Übergangspunkt liegt bei der fallenden Gate-Spannungsrampe zeitlich später. Das bedeutet, daß die Emissionskurve aus einem Hauptanteil, der vom Kanal herrührt, und aus einem kleineren, zeitlich verschobenen Anteil der -Übergänge besteht.
In der Abbildung 3.3 wird diese Erklärung durch Simulationsdaten untermauert. Der Emissionsstrom wird in den beiden -Übergängen und im Kanalanteil getrennt integriert und in Abbildung 3.3 zusammen mit dem Summenstrom dargestellt. Die Daten zu diesen Kurven (Störstellen vom Akzeptor-Typ, =) sind konsistent mit denen von Abbildung 3.2. Die Emissionskurve der -Übergänge ist zeitlich um etwa versetzt, was einer lokalen Schwellspannungsverschiebung von entspricht. Der Sprung im Emissionsstrom der -Übergänge rührt von jenem Teil der Grenzflächen-Störstellen nahe dem Drain- und dem Source-Kontakt, der sich noch im stationären Emissionsmodus befindet. Der an diesen Stellen generierte Emissionsstrom ist deswegen proportional zur zeitlichen Änderung des Grenzflächen-Potentials. Aufgrund des Sprunges in der Ableitung der Gate-Spannung springt dieser Emissionsstrom sofort auf , hat also eine Unstetigkeit. Man vergleiche dazu auch die Abbildungen 4.3 und 4.4 (Kapitel 4), die die Emissionsstromdichten in einem -Übergang darstellen, wobei der Darstellungsbereich die Orts-Zeit-Ebene ist. Im -Teil des Überganges existiert ein Bereich, an dem die Emissionsrate proportional zur Zeitableitung des Grenzflächen-Potentials ist.
Im zweiten (unteren) Teil der Abbildung 3.3 ist der zeitliche Verlauf des Ferminiveaus zusammen mit dem Verlauf des Mittenniveaus (=) der Störstellen-Besetzungsfunktion gegeben. Die Kurven wurden in der Kanalmitte und am metallurgischen -Übergang aufgenommen. Gemäß der Emissionstheorie von Simmons und Wei [101] überdecken sich beide Kurven im stationären Emissionsbereich, spalten sich aber bei der Schwellspannung auf und verlaufen in der Depletionszeit getrennt und unabhängig voneinander weiter. Bei = ist die Löcherkonzentration an der Kanaloberfläche auf etwa gestiegen, sodaß das Quasi-Ferminiveau der Löcher knapp unterhalb der Flachbandspannung liegt. Die Grenzfläche ist nur mehr in schwacher Depletion. Die Löcher-Einfangzeitkonstanten sind damit so kurz, daß rund um = der größte Teil der Kanalelektronen mit den Löchern rekombiniert. Die Rekombination erfolgt unabhängig von der Störstellenenergie, die Fermifunktions-ähnliche zeitabhängige Verteilungsfunktion der Störstellen wird durch die Rekombinationsbeiträge ,,gekappt``. Die Besetzungsgrenze rutscht dadurch schnell nahe an das Leitungsband heran, was sich als Sprung äußert. Diese plötzliche Entleerung der Elektronen gilt nicht für den exakten Ort des metallurgischen -Überganges. Dort ist die Löcherkonzentration nicht ausreichend, um die eingefangenen Elektronen signifikant zu entladen.



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Martin Stiftinger
Fri Oct 14 21:33:54 MET 1994