Wird die Gate-Spannung eines -Kanal-MOSFETs bei
= rampenförmig verkleinert, so fließt
bei einem symmetrischen Bauelement die
negative Kanalladung zu gleichen Teilen in die
hoch dotierten Source- und Drain-Gebiete ab.
Mit der Verringerung des Quasi-Ferminiveaus im Kanal
sinkt auch die Besetzungsgrenze der Grenzflächen-Störstellen.
Um das Gleichgewicht aufrechtzuerhalten, werden die
eingefangenen Elektronen emittiert. Die Emissionszeitkonstanten
sind in der Nähe der Leitungsbandkante sehr klein, sodaß anfangs
die Emission der Elektronen mit dem Passieren des Quasi-Ferminiveaus
synchron verläuft. Man spricht von stationärer Emission.
Wird jedoch der Punkt erreicht, an dem die Emissionszeitkonstante
größer wird als die Änderungsrate des Quasi-Ferminiveaus an der
Grenzfläche, kann das Gleichgewicht nicht mehr aufrechterhalten
werden, und der nichtstationäre Emissionsmodus wird
erreicht.
Mit recht guter Näherung ist der Übergangspunkt
zwischen beiden Modi durch die Schwellspannung gegeben,
da sich bei Erreichen jener das Grenzflächen-Potential
rasch in Richtung Bandmitte bewegt.
In ähnlicher Weise kann das Verhalten einer
MOS-Grenzfläche in starker Akkumulation bei Vergrößerung
der Gate-Spannung beschrieben werden. Die anfänglich stationäre
Löcher-Emission geht beim Überschreiten der Flachbandspannung
in den nichtstationären Bereich über.
Zur Analyse dieser Vorgänge wird der Kanalabbau eines
MOSFETs simuliert. Die Flanke des Gate-Pulses hat eine Fallzeit
von . Donator- und akzeptorartige Störstellen werden
getrennt berechnet. Variable Dichten von
,
,
und
sind die Parameter der Simulation.
Die entsprechenden Schwellspannungen sind
,, und für die akzeptorartigen Zustände, und
,, und
für die donatorartigen. Man beachte die starke positive
Verschiebung der Schwellspannung für die akzeptorartigen
Zustände. Sie kommt durch die Anwesenheit der
zusätzlichen eingefangenen negativen
Ladungsträger zustande, da die meisten der
vorhandenen Störstellen bei
= mit Elektronen besetzt sind.
Der umgekehrte Fall tritt bei
donatorartigen Störstellen ein, die bei =
nur die kleine positive Ladung der unbesetzten Störstellen
tragen, welche eine kleine negative Schwellspannungsverschiebung
bewirkt.
Abbildung: Elektronen-Emissionsströme für donator- (oberes Bild)
und akzeptorartige (unteres Bild)
Grenzflächen-Störstellen verschiedener Dichte. Erreicht die fallende
Gate-Spannung die Schwellspannung , tritt nichtstationäre
Emission ein, was durch Fallen der Kurven erkenntlich ist.
Schwach negative Verschiebung von für die donatorartigen,
positive Verschiebung für die akzeptorartigen Störstellen.
Abbildung: Kanal- und -Übergangskomponenten sowie Summe des
Elektronen-Emissionsstromes
für =
für akzeptorartige Störstellen (oberes Bild).
Zeitlicher Verlauf der Quasi-Ferminiveaus und
der Besetzunggrenze der Störstellen in der Kanalmitte
und am metallurgischen -Übergang am Drain (unteres Bild).
Abbildung 3.2 zeigt die Elektronen-Emissionsströme
für donatorartige (oberes Bild) und akzeptorartige (unteres Bild)
Störstellen. Die Maxima der Emissionskurven korrelieren sehr
gut mit dem zeitlichen Passieren der Schwellspannung.
Da die Schwellspannung des MOSFETs in Kanalrichtung
variiert, ist der Übergangspunkt zwischen beiden Emissionsbereichen
orts- und zeitabhängig. In den -Übergängen liegt
die Schwellspannung tiefer als im Zentrum des Kanals, der Übergangspunkt
liegt bei der fallenden Gate-Spannungsrampe zeitlich später.
Das bedeutet, daß die Emissionskurve aus einem Hauptanteil,
der vom Kanal herrührt, und aus einem kleineren, zeitlich verschobenen
Anteil der -Übergänge besteht.
In der Abbildung 3.3 wird diese Erklärung
durch Simulationsdaten untermauert. Der Emissionsstrom wird
in den beiden -Übergängen
und im Kanalanteil getrennt integriert
und in Abbildung 3.3
zusammen mit dem Summenstrom dargestellt.
Die Daten zu diesen Kurven
(Störstellen vom Akzeptor-Typ,
=)
sind konsistent mit denen von Abbildung 3.2.
Die Emissionskurve der -Übergänge ist zeitlich um
etwa versetzt, was einer
lokalen Schwellspannungsverschiebung von entspricht.
Der Sprung im Emissionsstrom der -Übergänge rührt
von jenem Teil der Grenzflächen-Störstellen nahe dem
Drain- und dem Source-Kontakt, der sich noch im stationären
Emissionsmodus befindet.
Der an diesen Stellen generierte Emissionsstrom ist deswegen
proportional zur zeitlichen Änderung des Grenzflächen-Potentials.
Aufgrund des Sprunges in der Ableitung der Gate-Spannung
springt dieser Emissionsstrom sofort auf , hat also eine
Unstetigkeit.
Man vergleiche dazu auch die Abbildungen 4.3
und 4.4
(Kapitel 4), die die Emissionsstromdichten
in einem -Übergang darstellen, wobei der Darstellungsbereich
die Orts-Zeit-Ebene ist. Im -Teil des Überganges
existiert ein Bereich, an dem die Emissionsrate proportional
zur Zeitableitung des Grenzflächen-Potentials ist.
Im zweiten (unteren) Teil der Abbildung 3.3 ist der
zeitliche Verlauf des Ferminiveaus zusammen
mit dem Verlauf des Mittenniveaus
(=) der
Störstellen-Besetzungsfunktion gegeben.
Die Kurven wurden in der Kanalmitte und am metallurgischen
-Übergang aufgenommen.
Gemäß der Emissionstheorie von Simmons und Wei [101]
überdecken sich beide Kurven im stationären Emissionsbereich,
spalten sich aber bei der Schwellspannung auf und verlaufen
in der Depletionszeit
getrennt und unabhängig voneinander weiter.
Bei = ist die Löcherkonzentration an der
Kanaloberfläche auf etwa gestiegen, sodaß
das Quasi-Ferminiveau der Löcher
knapp unterhalb der Flachbandspannung
liegt. Die Grenzfläche ist nur mehr in schwacher Depletion.
Die Löcher-Einfangzeitkonstanten
sind damit so kurz, daß rund um =
der größte Teil der Kanalelektronen mit den Löchern rekombiniert.
Die Rekombination erfolgt unabhängig von der Störstellenenergie,
die Fermifunktions-ähnliche zeitabhängige
Verteilungsfunktion der Störstellen wird durch die
Rekombinationsbeiträge ,,gekappt``. Die Besetzungsgrenze
rutscht dadurch schnell nahe an das Leitungsband heran,
was sich als Sprung äußert.
Diese plötzliche Entleerung der Elektronen gilt nicht
für den exakten Ort des metallurgischen -Überganges.
Dort ist die Löcherkonzentration nicht ausreichend,
um die eingefangenen Elektronen signifikant zu entladen.