4 Analyse von CP-Experimenten in SOI-Bauelementen



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4 Analyse von CP-Experimenten in SOI-Bauelementen

 

,,Anyhow, this technique is much more sensitive than capacitance techniques provided that the latter could be performed on devices of the same size.``
Guido Groeseneken et al. [34]

MOSFETs, die auf einem sehr dünnen Siliziumfilm hergestellt werden, sogenannte Dünnfilm SOI MOS-Transistoren, haben eine Reihe von attraktiven Eigenschaften. In einem dünnen Siliziumfilm () mit niederer Substratdotierung () erstreckt sich die Depletionszone durch den ganzen Film. Man bezeichnet solche MOSFETs als an mobilen Ladungsträgern vollständig verarmt (fully depleted) - im Gegensatz zu den an Ladungsträgern partiell verarmten (partially depleted) SOI-MOSFETs, deren Verarmungsschicht nicht den Rand des isolierenden Substrates erreicht. Fully-Depleted SOI-MOSFETs sind neben einer idealen Unterschwellspannungs-Kennlinie vor allem durch niedrige parasitäre Kapazitäten charakterisiert [14][26]. Aufgrund des isolierten Aufbaus dieses Bauelementes existieren keinerlei Latch-Phänomene. Weitere Vorteile sind die außerordentliche Robustheit gegen Auswirkungen ionisierender Strahlung, sogenannter Single Event Upsets, sowie ein Minimum an Kurzkanaleffekten. Die nahezu vertikalen -Übergänge (siehe Abbildung 4.1) führen zu einer starken Reduktion der Depletionskapazitäten. In Dünnfilm SOI-MOSFETs mit vollständiger Verarmungsschicht existiert weiters nicht der bekannte Kink-Effekt, dessen Auftreten in SOI-Bauelementen mit teilweise verarmtem Film typisch ist. Da die Inversionsschicht von Dünnfilm SOI-MOSFETs verglichen mit Substrat-MOSFETs tiefer in den Siliziumfilm hineinreicht, wird der Stromfluß durch Grenzflächen-Streuprozesse weniger beeinflußt. Dieser Effekt wird auch als Volumeninversion bezeichnet [7][8]. Die Schaltzeiten und der Leistungsverbrauch von Dünnfilm SOI-MOSFETs sind aufgrund der kleineren Kapazitäten wesentlich geringer als die vergleichbarer Substrat-MOSFETs. Ring-Oszillator Verzögerungszeiten von weniger als wurden erreicht [54].
Trotz dieser Vorteile hat sich die SOI-Technik bis heute nicht auf dem Sektor der VLSI durchsetzen können. Der Hauptgrund dafür ist, daß die einfachere Substrat-Siliziumtechnik in vielen Belangen (Kurzkanaltransistor) rapid verbessert werden konnte, sodaß der in der SOI-Gemeinschaft seit langem erwartete Übergang zur SOI-Technik immer wieder hinausgeschoben wurde. Die Existenz verschiedener parasitärer Dünnfilm SOI-Effekte (paralleler Bipolartransistor mit offenem Basisanschluß, Existenz einer vergrabenen Grenzschicht, Grenzschichtkopplung etc.), die in Substrat-MOSFETs naturgemäß nicht auftreten und deren analytische Modellierung schwierig ist, haben ein weiteres dazu beigetragen. Eine Prognose der Entwicklung der Dünnfilm SOI-Technik auf dem VLSI-Sektor ist aus diesen Gründen schwierig und wird an dieser Stelle nicht versucht. Auf einem Gebiet ist der Dünnfilm SOI-MOSFET allerdings das zentrale Integrationselement: der dreidimensionalen Integration, die es ermöglicht mehrere Lagen von Bauelementen übereinander zu fertigen. Die stärkste Unterstützung hat die dreidimensionale Integration in Japan erfahren, wo ein Zehnjahresprojekt (1981-1991), das die Erforschung der spezifischen Fertigungstechnologien zum zentralen Gegenstand hatte, soeben abgeschlossen wurde [70].
Dreidimensionale ICs werden für aufwendige und vor allem ultraschnelle Schaltungen, insbesondere für die parallele digitale Signalverarbeitung benötigt. Ein Beispiel für eine Anwendung dieses Typs ist die Echtzeit-Analyse von Bewegtbildsequenzen. Ein solcher Chip wurde von einem Forschungsteam der Firma Matsushita [49] realisiert. Der Chip besteht aus 4 Lagen von konventionellen zweidimensionalen Bauelementen. Je eine Lage besteht aus einer Matrix von Elementen: optische Sensoren-1. Lage, Signalpegel-Detektor-2. Lage, digitale Signalverarbeitung-3. Lage und schnelle Logik-4. Lage. Die unterste (tiefste) Lage wurde in konventioneller Substrat-CMOS-Technologie hergestellt. In den darüberliegenden drei Lagen wurden Dünnfilm SOI-Bauelemente gefertigt.
Ein besonderer Vorteil dreidimensionaler ICs ist deren hohe Packungsdichte, verbunden mit hoher Geschwindigkeit, die aufgrund der durch die kurzen Verbindungswege ermöglichten geringen Schaltverzögerungszeiten realisiert wird. Den vielversprechenden elektrischen Eigenschaften dreidimensionaler integrierter Schaltkreise stehen immense technologische Schwierigkeiten entgegen. Dazu gehört z.B. die Herstellung tiefer vertikaler Kontakte. Die präzise elektrische Charakterisierung der Submikrometer SOI-MOSFETs ist eine weitere Schwierigkeit.
Von zentraler Bedeutung für die Funktion von SOI-MOSFETs sind die Beschaffenheit und die physikalischen Eigenschaften der Siliziumfilm-Grenzflächen. Einsatz- und Flachbandspannung werden maßgeblich durch feste Oxidladungen sowie umladbare Grenzflächen-Störstellen auf der vorderen Grenzfläche (Frontinterface) und der vergrabenen Grenzfläche (Backinterface) beeinflußt. Neben Analysetechniken wie der Messung der dynamischen Transkonduktanz, des Niederfrequenzrauschens oder der DLTS-Meßtechnik (Deep Level Transient Spektroscopy) ist die Ladungspump-Technik (Charge-Pumping Technique, CP-Technik) eine genaue und verläßliche Meßmethode für zahlreiche Parameter von Grenzflächen-Störstellen.
In diesem Kapitel wird die Anwendung der CP-Technik zur Charakterisierung von Dünnfilm SOI-Bauelementen mit Hilfe von numerischen Simulationen analysiert. Die numerischen Resultate werden mit Meßergebnissen verglichengif. Zahlreiche Bauelement-Parameter (Dotierungsprofil, Art der Grenzflächen-Zustände, deren Verteilung im verbotenen Band u.a.m.) können durch eine Anpassung der Simulationsparameter an die gemessenen Daten gewonnen werden. Neben den quantitativen Ergebnissen ermöglicht die numerische Simulation das prinzipielle Verständnis verschiedener parasitärer Effekte, die beim CP-Experiment in Dünnfilm SOI-Bauelementen auftreten. Dadurch ist es möglich, verläßlich die Grenzen der Anwendbarkeit des CP-Experimentes vorauszusagen und potentielle Artefakte zu vermeiden.
Der Aufbau dieses Kapitels folgt in groben Zügen der Publikation [76]. Zunächst wird im Abschnitt 4.1 das CP-Experiment in einer Dünnfilm SOI -Diode erklärt und der Einfluß verschiedener Bauelement- bzw. Meßparameter diskutiert. Einige offene Probleme beim Verständnis des CP-Experimentes in solchen Bauelementen werden formuliert. Die zur numerischen Lösung des Problems notwendigen Voraussetzungen, Annahmen und Einschränkungen werden im Abschnitt 4.2 dargelegt. Anschließend werden im Abschnitt 4.3 verschiedene unbekannte Parameter des Bauelementes wie effektive Kanallänge, Substratdotierung und Verteilung der Grenzflächen-Störstellen am Frontinterface in Teilen des verbotenen Bandes durch Anpassung von Simulationseingabedaten an die experimentellen Resultate gewonnen. Ein wichtiger physikalischer Effekt in Dünnfilm SOI-Bauelementen ist die Potentialkopplung beider Grenzflächen, die durch die Filmdicke und die niedere Dotierung entsteht. Dieser Effekt und verschiedene Einflußmechanismen werden im Abschnitt 4.4 behandelt. Dadurch ist es möglich, im Abschnitt 4.5 Ursprung und Natur der durch die Diodengeometrie bedingten parasitären dimensionalen CP-Komponente zu analysieren.





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Martin Stiftinger
Fri Oct 14 21:33:54 MET 1994