Lineare Gleichungssysteme
,,...like a good chess player, one should not be guided by the greatest advantage to be gained in a single move, but should consider the wisest over-all strategy for winning the game and choose the set of moves that best promotes that strategy.``
Eduard L. Stiefel [105]
Verschiedene physikalische Effekte machen die
dreidimensionale Simulation
mikroelektronischer Bauelemente notwendig.
Im Gegensatz zum zweidimensionalen
Randwertproblem der Halbleitergleichungen,
das mit industrieller Standard-Computerleistung
zu bewältigen ist, ist das dreidimensionale
Problem um vieles aufwendiger. Zum im dreidimensionalen Fall
recht schwierigen Problem der
Gittergeneration [44] tritt das
algebraische Problem der großen linearen Gleichungssysteme.
Mit der Entwicklung des dreidimensionalen Teils
des Simulationsprogramms MINIMOS [95][109][110]
wurde es notwendig, Algorithmen und effiziente Computerimplementationen
zu entwickeln und der Industrie bereitzustellen. In diesem Kapitel
sollen die wichtigsten Gedanken und Resultate dieser
Arbeit zusammengefaßt wiedergegeben werden.
Gleichzeitig soll auf die umfangreiche
Fachliteratur einerseits und auf
die weltweit intensive Forschung auf diesem Themenfeld
andererseits hingewiesen werden.
In Übereinstimmung zu den numerischen Methoden,
die im Programm MINIMOS Verwendung finden,
beschränkt sich diese Arbeit auf die Lösung
der Halbleitergleichungen in einem
dreidimensionalen würfelförmigen Gebiet,
das durch ein Tensor-Produkt-Rechengitter diskretisiert wird.
Die Lösung des diskreten nichtlinearen Systems
von Gleichungen wird durch das Entkopplungs-Verfahren
von Gummel gewonnen. Bei dieser Methode
entstehen pro nichtlinearer Gummel-Iteration
drei lineare Gleichungssysteme, nämlich
das Gleichungssystem für
das elektrostatische Potential
(Poissongleichung),
und die beiden Kontinuitätsgleichungen
für die Elektronenkonzentration und die
Löcherkonzentration .
Bei der Benützung dieses Variablensatzes
(, , ) sind die Kontinuitätsgleichungen
werteunsymmetrisch. In dieser Arbeit liegt
das Hauptgewicht auf vorkonditionierten
iterativen Methoden zu Lösung dieser
nichtsymmetrischen Gleichungssysteme.
Das Hauptproblem bei der Anwendung iterativer Methoden
zur Lösung der Kontinuitätsgleichungen
ist deren schlechte numerische Kondition,
die durch örtlich rapid variierende Quantitäten
(z.B. Dotierungsprofil) verursacht wird. Die
Lösungen der Kontinuitätsgleichungen erstrecken
sich in praktischen Fällen über ca.
Zehnerpotenzen - von den hoch dotierten
Implantationsgebieten bis zu den Depletionszonen.
In allen Gebieten ist eine uniforme relative
Genauigkeit zu fordern, um Stabilität und
Konvergenz des Gummel-Verfahrens aufrechtzuerhalten.
Diese Voraussetzungen stellen hohe Anforderungen
an ein iteratives Lösungs-Verfahren.
Verglichen mit der wertesymmetrischen Poissongleichung,
die einfach und schnell durch das
ICCG-Verfahren [63] gelöst werden kann,
leiden iterative Verfahren, angewendet auf
die Kontinuitätsgleichungen, unter
schlechter Konvergenz, was in hohen Iterationszahlen resultiert.
Mitunter stagniert oder divergiert
der Gleichungslöser, wodurch ein dreidimensionales
Problem sogar unlösbar werden kann.
In der totalen Rechenzeit dominieren in jedem Fall
die arithmetischen Operationen, die zur Lösung der
diskreten Kontinuitätsgleichungen notwendig sind.
In dieser Arbeit wurde eine vergleichende Studie verschiedener
existierender iterativer Lösungs-Verfahren
für nichtsymmetrische Gleichungssysteme durchgeführt.
Das Ergebnis favorisiert Variationen des
sogenannten Verfahrens Bikonjugierter Gradienten [27],
nämlich den CGS-Algorithmus
(Conjugate Gradient Squared Algorithm) [102]
und seit kürzerer Zeit den BiCGSTAB-Algorithmus
(BiConjugate Gradient Stabilized Algorithm) [119].
Einen großen Einfluß auf die Konvergenzrate
bzw. auf das Erreichen von Konvergenz überhaupt,
hat die sogenannte Vorkonditionierung
des linearen Gleichungssystems.
Unvollständige Faktorisierungen [62][107]
der Koeffizientenmatrix haben sich bestens als
Vorkonditionierungsmethoden bewährt.
Durch Vergrößern des erlaubten Eintrages
in die unvollständigen Faktoren der Koeffizientenmatrix
läßt sich die Robustheit des Gleichungslösers auf
Kosten der Zahl arithmetischer Operationen steuern.
Varianten und Weiterentwicklungen
dieses Verfahrens wurden in ähnlichen Forschungsarbeiten
angewandt [45][83][126].
Daneben wurden auch parallelisierbare Vorkonditionierungs-Verfahren,
wie Entkopplung durch Umordnen der Unbekannten
und polynomiale Matrixiterationen, untersucht.