6 Die Diskretisierung von Rand- und Übergangsbedingungen



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6 Die Diskretisierung von Rand- und Übergangsbedingungen

 

Im Kapitel 3 wurden die Erhaltungsgleichungen im Inneren der Segmente behandelt. Diese sind die eigentlichen Differentialgleichungen der Halbleitersimulation. Ein fast ebenso wichtiger Punkt bei der Implementierung eines Halbleitersimulators sind jedoch die Randbedingungen, die in zweierlei Hinsicht bedeutsam sind.

Einerseits weist ein Trend in der Mikroelektronik zu Bauelementen, die nicht nur aus einem Substratmaterial mit Dotierungen bestehen, sondern aus einer Vielzahl struktureller Elemente zusammengesetzt sind, wobei es sich häufig um einen Schichtaufbau handelt. Das reicht von Quantenbauelemente, die mit Schichtstrukturen arbeiten, bis zu den ONO-Isolationsfilmen (oxide, nitride, oxide) bei sogenannten Trench-Kondensatoren in dynamischen Speicherzellen. Physikalische Modelle für Grenzschichten gewinnen zunehmend an Bedeutung gegenüber den Modellen für homogene Materialien, und ein Bauelementsimulator muß diese Entwicklung mitmachen.

Auf der Seite der Simulationsumgebungen dagegen zeigt sich ein steigender Trend zu komplexeren Simulationen, bei denen Simulatoren oder zumindest die simulierten Strukturen gekoppelt werden. Ein neuer Bauelementsimulator, der für die Integration in eine TCAD-Entwurfsumgebung konzipiert ist, muß daher auf die verkoppelte Simulation von Bauelementen und auf die Kopplung mit einem Schaltungssimulator vorbereitet werden (siehe Kapitel 7).

Aus diesen beiden Trends lassen sich zwei Ansprüche ableiten:

  1. Die Formulierung von Randbedingungen und deren Diskretisierung muß ebenso generell erfolgen können wie die Formulierung und Diskretisierung von Differentialgleichungen für das Innere von homogenen Gebieten (bzw. von Segmenten):
    1. Die Eintragung von Randbedingungen in das Gleichungssystem und die Zusammensetzung von Randbedingungen aus Einzelkomponenenten soll in vergleichbarer Weise zur Diskretisierung der Erhaltungsgleichungen erfolgen.
    2. Es muß eine Möglichkeit gefunden werden, wie man die Randbedingungen völlig unabhängig von den Differentialgleichungen aus Kapitel 3 formuliert. Es soll also möglich sein, entweder Randbedingungen oder Gleichungen für das Segmentsinnere zu spezifizieren, ohne auf das jeweils andere Rücksicht nehmen zu müssen. Wenn das auch nicht bis zur letzten Konsequenz durchführbar ist, weil man zum Beispiel bei einem Wechsel in der Diskretisierung (etwa von Finiten Boxen zu Finiten Elementen) grundlegend andere Schemata der Diskretisierung anwenden muß, so soll doch für die Implementierung einer Randbedingung, gleich welcher Komplexität, die Notwendigkeit zum Zugriff auf Formeln der Diskretisierung im Inneren der Segmente minimiert werden.
  2. Die Randbedingungen für Kontakte sind integraler Natur. Für die Kontaktstromintegration ist zumindest ein Oberflächenintegral am Kontakt notwendig, bei manchen Implementierungen sogar ein Volumintegral [56][55][34]. Die Randbedingungen müssen in das Gleichungssystem eingebracht werden können, das heißt, auch ein Kontaktstrom, der sich aus Beiträgen angrenzender Boxen zusammensetzt, darf nicht in einem separaten Schritt berechnet werden, sondern muß intrinsisch im Gleichungssystem enthalten sein. Daß dies für die verkoppelte Simulation nötig ist, wird im Kapitel 7 dargelegt.
Die Problematik dieses Kapitels bildet einen fließenden Übergang zwischen den Kapiteln 3 (Modelle für das Segmentsinnere), 7 (Verkoppelte Simulation) und 8 (Gleichungsaufbau). Diese unscharfe Abgrenzung resultiert in einigen offenen Fragen, deren Weiterführung den thematischen Rahmen dieses Kapitels verlassen würde. Diese Fragen werden in den entsprechenden Kapiteln wieder aufgenommen.





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Martin Stiftinger
Fri Oct 21 18:22:52 MET 1994